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Geschichte

Von den Anfängen bis heute

Menschen in Bewegung

Der berühmte Schriftsteller und Literaturprofessor Walter Jens, der in seiner Jugend ein begeisterter ETV-Fußballfan war, hat einmal gesagt: “Wenn ich den letzten Goethe-Vers vergessen habe, werde ich den Eimsbütteler Sturm noch aufzählen können – Dehrle Ahlers, Otto Rohwedder, Herbert Panse, Kalli Mohr und Hanno Maack.”

Der ETV bewegt Menschen – und ihre Gemüter. Das war schon immer so.

Von den Anfängen…

Als sich am Abend des 12. Juni 1889 sechzig Herren in Jappes Wirtschaft an der heutigen Fruchtallee kräftig stritten, erblickte der »Eimsbütteler Männerturnverein« das Licht der Welt. Dieser Tag wird heute als Gründungsdatum des ETV gesehen. Der damalige Streit hatte Folgen: Noch im selben Monat spaltete sich die »Eimsbütteler Turnerschaft« ab. Beide Vereine turnten nebeneinander her, auch Frauen turnten bald mit. Gemeinsames Ziel beider Vereine war der Bau einer Turnhalle in Eimsbüttel, so dass sich zur Bündelung der Ressourcen Männerturnverein und Turnerschaft am 1. Mai 1893 zum »Hamburg-Eimsbütteler Turnverein« zusammenschlossen. Offenbar aufgrund von persönlichen Rivalitäten spaltete sich gleichzeitig eine neu gegründete »Eimsbütteler Turnerschaft« vom Verband ab, die zunächst als lokaler Konkurrent auftrat, in der Frage der Vorbereitung des Hallenbaus jedoch mit dem Turnverein kooperierte. Als beide Vereine im Verbund mit verschiedenen Bürgervereinen versuchten, für das Bauvorhaben finanzielle Unterstützung durch den Staat zu erlangen, sagte die Hamburger Finanzdeputation ihre Unterstützung bei den Verhandlungen um die Überlassung eines Bauplatzes nur unter der Bedingung zu, dass sie sich zu einem finanzkräftigen Verein zusammenschlössen. Nach knapp einjähriger Verhandlungsdauer gründete sich daraufhin am 19. Februar 1898 auf zwei gleichzeitig tagenden Hauptversammlungen der Eimsbütteler Turnverband (ETV).

1910 war die neue vereinseigene Turnhalle an der Bundesstraße fertig, nach den Plänen von Julius Sparbier, dem „Verbandsvorsteher“. Es geschah auch auf Sparbiers Anweisung, dass die schon damals antisemitisch geprägten „Turnerkreuze“ in die Fassade der Halle eingemauert wurden (vgl. Abschnitt „Der ETV während der NS-Zeit“).

Leistung und Tradition

Seit über hundert Jahren kommen Menschen in den Verein, um sich hier zu treffen, zu turnen, Spaß zu haben oder Leistung zu zeigen. Wie die Jungs vom Eimsbütteler TV, denen Walter Jens zwischen 1931 und 1937 regelmäßig zujubelte. Natürlich war er auch dabei, als seine Lieblings-Fußballmannschaft die Schalker im Volksparkstadion geschlagen hat.

Auch in seiner klassischen Diszipin des Turnens hat der ETV stets Leistung gezeigt: Kunstturnen etwa wurde in vielen Wettkämpfen erfolgreich demonstriert. Höhepunkte waren in der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg die Städtewettkämpfe Hamburg-Berlin-Leipzig oder die olympischen Spiele.

Daneben haben viele Abteilungen eine lange Tradition im ETV:

Basketball wird seit 1937 an der Bundesstraße trainiert. Mit Erfolg von Anfang an: Gleich in der Spielzeit 1938/39 wurden die ETV-Herren Hamburger Basketballmeister. Die Faustballer gewannen 1928 und 1929 in Weimar und Berlin, die Damen 1934 in Nürnberg die Deutsche Meisterschaft. Die Fechtabteilung des ETV ist eine der ältesten Fechtervereinigungen Hamburgs. Seit der Jahrhundertwende fordern sich hier die Fechter zum Duell. Schon die 30er Jahre waren eine Glanzzeit für die ETV-Handballer: Titel über Titel heimsten sie ein. Gepaddelt wird seit 1921, bis heute mit sportlichen Höhepunkten. Die Leichathleten sind von Anfang an dabei. 1912 erkämpfte sich Hans Liesche bei den Olympischen Spielen in Stockholm die Silbermedaille im Hochsprung. 1934 stellte Hans-Heinrich Sievert einen Weltrekort im Zehnkampf auf. Geschwommen wird seit 1911. Unvergessen bis heute: das erste legendären Langstreckenschwimmen im Juni 1912 auf der Süderelbe. Da starker Ostwind das Wasser weitgehend aus dem Flußarm gedrückt hatte, mussten die Schwimmer auf den 3000 Metern mehr mit grauem Schlick, als mit dem nassen Element kämpfen.

Während ETV-Sportler auch in den dreißiger und vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Erfolge feierten, gab es auch Sportler die im Verein nicht mehr erwünscht waren: mit seinem Eintritt in den DFB am 17. Oktober 1933 übernahm der ETV dessen Regelungen zum Umgang mit jüdischen Mitgliedern. Zwar hatte der DFB nicht den sofortigen Ausschluss von Juden aus seinen Reihen verfügt, ihnen aber im April 1933 die Besetzung von Vereins- und Verbandsfunktionen verboten. Spätestens mit Ablauf des Jahres 1933 waren damit die nicht-jüdischen ETV-Funktionäre unter sich. Durch die Übernahme der Einheitssatzung des Reichsbundes für Leibesübungen im März 1935 waren die letzten jüdischen Mitglieder aus dem Verband gedrängt.

Der ETV während der NS-Zeit

Der ETV war als ein bürgerlicher Turnverein mit deutschnationaler Ausrichtung gegründet worden, wie sie zu jener Zeit weit verbreitet waren.

Die Nazis hatten nach der Machtübernahme einige Sportorganisationen und Vereine schon 1933 entweder verboten und aufgelöst oder aber gleichgeschaltet. Der ETV ist ein Sportverein gewesen, der nicht von den Nazis verboten und aufgelöst wurde. Das wird seinen Preis gehabt haben.

Der ETV stellte einen Mikrokosmos der damaligen deutschen Gesellschaft dar, wo es Deutschtümelei, Antisemitismus und Rassenideologie ebenso gab wie ausgeprägten Opportunismus ggü. den politisch Mächtigen. Es gab natürlich auch und immer wieder gut gemeinte Versuche, jüdische Sportler vor Verfolgung und Ausgrenzung zu schützen. Meist wurde diesen jedoch nahe gelegt, den Verein zu verlassen, zu ihrem eigenen Schutz, wie es dann oft hieß.

In der Großen Halle im Hauptgebäude an der Bundesstraße hatten die Nazis während des Zweiten Weltkrieges, zwischen 1940 und 1943, ein Zwangsarbeiterlager eingerichtet, mit einer Kapazität von 385 „Plätzen“. Während in der Großen Halle die Zwangsarbeiter lebten, ging in der Kleinen Halle der Turnbetrieb weiter.

Die Geschichte des Vereins während der Nazizeit ist heute relativ gut erforscht. Der ETV verfügt heute über ein recht gutes, umfangreiches Vereinsarchiv. Interessanterweise gibt es auch für die NS-Zeit nicht allzu große Lücken. Das Archiv stand von 2009 – 2010 unabhängigen Historikern unter der Leitung von Hannes Heer offen, die die Rolle des ETV zwischen 1933 bis 1945 und das Schicksal der jüdischen Mitglieder erforschten.

Ausgelöst wurden die Nachforschungen durch den Vereinsvorstand, um Klarheit in die immer wieder aufgekommenen öffentlichen Diskussionen über die Geschichte des ETV und die Turnerkreuze an der Fassade, um den Gedenkstein „für die gefallenen Kameraden“ vor dem Haus, um verdiente Vereinsfunktionäre während der Nazi-Zeit zu bringen.

Dazu einige Fakten: Das Turnerkreuz ist wesentlich älter als das Hakenkreuz, wurde in der beim ETV verwendeten Form erstmals 1850 in Kassel gebraucht. Es sieht dem Hakenkreuz allerdings sehr ähnlich. Richtig ist, dass es bereits Anfang des 20. Jahrhunderts, um 1905, in der deutschen und in der österreichischen Turnbewegung völkisch-antisemitische Strömungen gab und dass Teile der Turnbewegung damit als Wegbereiter für den Nationalsozialismus einzuordnen sind.

Die völkisch-antisemitischen Abspaltungen der Turnbewegung, zumindest in Österreich, haben sich mit dem Turnerkreuz identifiziert, das beim ETV an der Hausfassade zu sehen ist. Vor dem Hintergrund der nationalistischen und in Teilen völkischen Ausrichtung des ETV erscheint die Annahme, dass es sich bei der Anbringung der “Turnerhakenkreuze” um ein politisches Signal gehandelt hat, als folgerichtig.

Mit anderen Worten: Das Turnerhakenkreuz war als Erkennungs- und Kampfzeichen der völkischen Bewegung bekannt und setzte sich zudem im fraglichen Zeitraum als Verbandszeichen der radikal antisemitischen Turnbewegung durch. Die Verantwortlichen im ETV waren sich der politischen Aufladung bewusst – und entschieden sich für die Anbringung der Turnerhakenkreuze. Sie setzten damit ein politisches Signal.

Der ETV ist sich seiner historischen Verantwortung bewusst. Wir tragen heute keine Schuld, aber wir tragen die Verantwortung auch für den Umgang mit der Geschichte des Vereins. Unsere Trauer und unser Gedenken gilt den aus dem Verein ausgegrenzten, den verfolgten und ermordeten Mitgliedern, seien es Juden, Kommunisten oder Homosexuelle gewesen.

Die umfangreiche historische Arbeit von Sven Fritz ist als Buch mit dem Titel „…daß der alte Geist im ETV noch lebt. Der Eimsbütteler Turnverband von der Gründung bis in die Nachkriegszeit“ veröffentlicht worden. In die Arbeit eingeflossen sind die Erkenntnisse, die Jürgen Bischoff zur Problematik der Turnerkreuze erarbeitet hat, die Recherchen von Jürgen Sielemann zur Verfolgung jüdischer Mitglieder in der NS-Zeit, sowie die neuen Erkenntnisse zum Zwangsarbeiterlager Bundesstraße 96. Herausgeber des Buches ist der ETV. Das Buch wird zum Preis von 14,80 Euro abgegeben.

Nach dem Krieg

Wieder nach oben und in die Breite

Der Wiederaufbau nach dem Weltkrieg prägte den ebenso wie das gesamte Land. Das Turnhallengebäude war bei zwei Angriffen schwer beschädigt worden und am Sportzentrum Hoheluft standen nur noch vereinzelte Mauern. 1948 übernahm Robert Finn die Leitung des Vereins. Es gelang ihm recht schnell, die Schäden beseitigen zu lassen und die Anlagen zu erweitern und zu modernisieren. Finn war bereits während der gesamten NS-Zeit Stellvertreter des Vereinsführers gewesen. Finn war Mitglied der NSDAP gewesen, die englische Besatzungsmacht verwehrte ihm zweimal die Entnazifizierung. Erst die deutschen Behörden entnazifizierten Finn 1947. Als diese Zusammenhänge 2007 bekannt wurden, wurde die “Robert-Finn-Halle“, wie die Große Halle des ETV seit 1977 hieß, wieder in „Große Halle“ umbenannt.
Auch die Fußballplätze, die bis dahin nach Julius Sparbier benannt waren, und der Softballplatz, der den Namen von August Bosse trug (Sparbier war deutschnational, Bosse Mitglied der NSDAP gewesen), heißen seit 2010 „Fußballplätze Bundesstraße“ und „Softballplatz Hohe Weide“.

Julius Lüdemann engagierte sich in den 1960er Jahren erfolgreich für die Turnabteilung, die mit den Kunstturnerinnen in den folgenden Jahrzehnten Meistertitel scheffelte. Ab 1980 stiegen die Mitgliedszahlen der Turn- und Gymnastikabteilung überproportional an. Breitensport war und ist gefragt. Wer fit im Alltag sein will, muss sich bewegen – unter qualifizierter Anleitung, aber ohne ausgeprägte Leistungsanforderung. Diesen Wünschen entsprechend gestaltete der ETV fortan eine große Vielfalt von Sportangeboten. Ob Eltern-Kind-Turnen, Rehabilitationssport, Power-Yoga oder Skigymnastik. Das Sportprogramm spiegelt die moderne Gesellschaft.

Alle Abteilungen, die vor dem Krieg gegründet wurden, konnten ihre Erfolge fortsetzen und ausbauen – bis heute. Jüngere Sportarten gesellten sich zu den älteren Abteilungen – und der Verein wuchs und wuchs.
Tischtennis wurde kurz nach Kriegsende noch in Gaststätten gespielt: mit Sperrholz- oder Korkschlägern auf einer selbstgebauten Platte mit wackeligem Gestell. Seit 1946 ist Tischtennis eine Abteilung im ETV. Jahr für Jahr stieg die Herrenmannschaft des ETV auf. Auch die Damen zogen in den sechziger Jahren nach. Heute hat der Name des ETV im Tischtennis einen guten Klang!

Da Madame Céronne im 17. Jahrhundert eine bekannte Pariser Tanzlehrerin war, bekam die neue Tanzsportabteilung der Tanzschule Heinrici 1947 kurzerhand den Namen “Club Céronne”. 1968 schloss sich dieser Club dem ETV an. Die Erfolsserien, die zahlreiche Paare hier vor und nach der ETV-Zeit hinlegten, sind beispiellos.

Badminton kam 1959 dazu und kurze Zeit später wurde mit zahlreichen Hamburger Meistertiteln die Ära Badminton eingeleitet. Seitdem ist die Abteilung mächtig gewachsen und auch Nichtmitglieder können heute Hallenplätze mieten.

Die Karateabteilung beim ETV war 1965 die erste im Hamburger Stadtbereich. Von den Älteren bis zum Nachwuchs können alle Karateka große Erfolge vorweisen.

Die Judoka mussten sich 1969 noch mit einem Plätzchen in der Großen Halle begnügen, bevor sie eigene Dojos bekamen. Heute ist die Judo-Abteilung des ETV die stärkste Gruppe im Hamburger Judo-Verband und besonders die weiblichen Judoka sind absolute Spitze.

1971 beschloss der ETV, dass das ostasiatische Ballspiel Volleyball auf Freizeitfahrten so viel Spaß machte, dass eine eigene Abteilung angebracht schien. Nach den olympischen Spielen 1972 in München wurde Volleyball so richtig populär, was beim ETV für Zuwachs sorgte.
Baseball ist erst seit 1988 im Verein, Softball kam noch dazu und in beiden Sportarten regnet es Titel. Die Softball-Damen wurden sogar Deutsche Meister. In den 90er Jahren wurde eine Unihockey-Abteilung gegründet, die heute, als Floorball-Abteilung, zwei von vier Bundesliga-Mannschaften des ETV stellt.

Kontakt

ETV-Sportzentrum Bundesstraße
Bundesstraße 96
20144 Hamburg

Öffnungszeiten:
Mo bis Fr 8:30 bis 22:30 Uhr;
Sa und So 9:00 bis 19:30 Uhr

Telefon: +49 40 401769-0
Kursanmeldungen: +49 40 401769-90
E-Mail: info.bundesstrasse@etv-hamburg.de

 

ETV-Sportzentrum Hoheluft
Lokstedter Steindamm 77
22529 Hamburg

Öffnungszeiten:
Mo, Di, Mi und Fr 8:30 bis 22:30 Uhr
Do 7:30 bis 22:30 Uhr
Sa und So 9 bis 20 Uhr

Telefon: +49 40 401769-990
Kursanmeldungen: +49 40 401769-90
E-Mail: info.hoheluft@etv-hamburg.de

 


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